Karrierewege der neuen Generation

New Work krempelt die Arbeitswelt um und macht vor klassischen Karrieremodellen nicht halt. Millenials und die Generationen Y und Z wollen sich keine Gedanken über ihre Karrierestufe in den nächsten Jahrzehnten machen, sondern gestalten, genießen und Gutes tun. Deshalb sind neue Karrierewege gefragt…

(Lesedauer: 4 Minuten)

Planbare Karrierewege? Ein Auslaufmodell

Es wird organisatorisch anspruchsvoller. Jahrzehntelange Unternehmenstreue kommt immer seltener vor. Arbeitnehmer wechseln häufiger die Arbeitsstelle oder machen sich Selbständigkeit. Das macht es für Human-Resources-Abteilungen sowohl spannender als auch schwieriger. Spannender, weil sie bei der Auswahl neuer Mitarbeiter ungewöhnliche Karrierewege ins Kalkül nehmen können. Schwieriger, weil sie mehr tun müssen, um Mitarbeiter zu motivieren und zu halten. Dazu gehören auch Karrieremodelle, die bisher nicht üblich waren.

Alte Denkmuster – noch immer – weit verbreitet

Doch der offene Umgang mit neuen Karrieremodellen ist immer noch selten. Viele Unternehmen ermöglichen es ihren Mitarbeitern nicht, deren Talente in innovativen Karrierewegen einzusetzen. Diese Firmen verharren bei den klassischen, vertikalen Modellen, deren Zeit aber schon bald vorbei sind.

Karriere als Bestätigung

Mehr Ansehen, mehr Macht, mehr Geld – auf diesem Dreiklang basierte lange Zeit die klassische Karriere. Viele moderne Arbeitnehmer wollen aber mehr und anderes. Zwar streben viele Arbeitnehmer immer noch eine Leitungsfunktion an, jedoch wird der Spaß an der Arbeit immer gefragter. Auch ein angenehmes Arbeitsklima und Eigenverantwortung, wozu auch gehört, die eigenen Talente und Fähigkeiten einsetzen zu dürfen, um etwas zu bewegen.

Horizontale Karrierewege

Sich persönlich weiterzubilden, die eigenen Talente zu entwickeln und neue Fähigkeiten zu erwerben – das ist der so genannte horizontale Karriereweg. Der Mitarbeiter spürt: Mein Unternehmen investiert in mich, er fördert mich, sieht meine Stärken. Seine Karriere entwickelt sich durch mehr Wissen, mehr Wertschätzung und ein breiteres Portfolio. Das Unternehmen zeigt seinen Angestellten Entwicklungspotenziale auf. Entfaltung und persönliches Wachstum werden gefördert und gefordert – wunderbare Signale und die Basis für eine langfristige Mitarbeitermotivation und –bindung.

Für Freigeister und Multitasker

Eine Spielart dieses horizontalen Wegs ist das projektbasierte Karrieremodell. Unternehmen übergeben fähigen Mitarbeitern wichtige Projekte und statten sie mit Verantwortung und Kompetenzen aus. Dazu gehört zum Beispiel die Übernahme des Projektbudgets, die Erlaubnis, ausgetretene Pfade zu verlassen, Neues zu wagen und Fehler zu begehen. Vor allem viele Young Professionals (junge Arbeitnehmer) schätzen die Arbeit in Projekten, weil sie spannend, abwechslungsreich und anspruchsvoll ist.

Sie gibt ihnen die Möglichkeit, eigene Ideen zu verwirklichen und ihre Fähigkeiten im Multitasking, beim Planen, Durchführen und in der Qualitätssicherung unter Beweis zu stellen und zu verbessern. Je nach Größe des Projekts sind zudem unterschiedliche (temporäre) Karrierestufen möglich, vom Teilprojektleiter über den Projektmanager bis zum Projektdirektor.

Achtung:

Das projektbasierte Karrieremodell funktioniert nur, wenn das Mehr an Verantwortung vereinbart und kommuniziert wird und mit mehr Spielraum einhergeht – als Karriereschritt, als hinzugewonnene Freiheit und bestenfalls mit einer Gehaltsaufstockung. Andernfalls könnte das Gegenteil erreicht werden. Die Folge: Unzufriedenheit statt Karriereschritt.

Fachlaufbahn für versierte Könner

Nicht jeder mag aber Projektarbeit. Und nicht jeder ist geeignet oder willig, Führungsverantwortung zu übernehmen. Um auch denjenigen Mitarbeitern zu einer Karriere zu verhelfen, die sich fachlich bestens auskennen, aber nicht Chef werden wollen, gibt es die Karriere für Spezialisten. Auch hier spielt die Fort- und Weiterbildung eine große Rolle – allerdings geht es um ein Spezialistentum, das sich nicht nur über gängige Workshops erlangen lässt.

Die Karriere für Spezialisten spielt vielmehr in den Bereich Forschung und Entwicklung hinein. Wer diesen Weg einschlägt, bekommt von seinem Unternehmen die Chance, sich tief in das persönliche Fachgebiet einzuarbeiten und sein Wissen ausgiebig zu erweitern. Der große Vorteil für viele Spezialisten: Sie müssen keine Personalverantwortung übernehmen, wenn ihnen das nicht liegt. Stattdessen konzentrieren sie sich voll und ganz auf ihr Fachgebiet und bringen dem Unternehmen auf diese Weise einen Mehrwert.

Intern besteht die Aufgabe der Spezialisten darin, ihr Wissen an die Kollegen weiterzugeben, Innovationen anzustoßen und die Wettbewerbsfähigkeit der Firma zu sichern. Nach außen repräsentieren sie ihr Unternehmen auf ihrem Spezialgebiet, knüpfen entsprechende Netzwerke und sorgen für eine gute Reputation. Um diese hohen Ziele zu erreichen, brauchen auch die Spezialisten Rüstzeug. Sie müssen lernen, Vorträge zu halten, andere für ihre Ideen zu begeistern, ihr Fachwissen verständlich aufzuarbeiten und gegebenenfalls in Fremdsprachen mit anderen Fachleuten zu korrespondieren.

Mehr Durchlässigkeit, mehr Flexibilität

So logisch und zeitgemäß innovative Karrieremodelle auch sind, es gibt sie nicht umsonst. Sie brauchen einen strategischen Überbau, agile Strukturen, Förderprogramme und eine passende Unternehmenskultur. Nur wenn ungewohnte Karrieremodelle wirklich gewollt sind, werden sie zum Erfolg. Dazu gehört auch, dass Führungskräfte auf eigenen Wunsch hin ins zweite Glied zurücktreten dürfen und es eine große Durchlässigkeit vom einen ins andere Karrieremodell gibt.

Janina Zaminer, übernommen von Susann Warmbrunn