Das Jahr der digitalen Evolution: IT-Trends 2022

Auch 2022 werden sich die IT-Systeme von Unternehmen weiterentwickeln. Lesen Sie hier, wie und welche Trends dabei eine Rolle spielen.

(Lesedauer: 6 Minuten)

Covid-19 hat im vergangenen Jahr spürbar manche Dynamik eingebremst – insbesondere in wirtschaftlichen Kontexten. In einem Bereich jedoch hat Corona für eine beispiellose Dynamisierung gesorgt. Die Rede ist von der Digitalisierung.

Der Schwung dieser Entwicklung wird sich auch in diesem Jahr am Beispiel etlicher Trends zeigen. Wir haben uns mögliche IT-Trends für 2022 rausgesucht und werden Ihnen diese infolge aufzeigen.

Digitalisierung & Automatisierung

Der Schub, den die Corona-Pandemie der Digitalisierung gab, wird im selben beschleunigten Tempo fortgesetzt – darin sind sich Experten einig. Damit geht auch die Automatisierung von Prozessen einher. Viele Betriebe sind sich sicher: Nur, wer auf zusammenhängende, moderne Technologien setzt und diese in das Unternehmen implementiert, kann im zukünftigen Wettbewerb mithalten.

Ebenso hofft man, dass sich durch das Vorantreiben von Digitalisierung und Automatisierung neue Wachstumsmöglichkeiten erschließen und die hauseigene Effizienz nachhaltig verbessert.

Hier spielen auch Themenbereiche hinein wie zum Beispiel der richtige ethische Umgang mit KI zur Verbesserung der Unternehmensprozesse oder wie man das IoT (Internet of Things) gewinnbringend einsetzen kann.

Distributed Cloud und Edge Computing

Der Bedarf nach flexibel anpassbarer und per Cloud überall verfügbarer Software wird auch 2022 steigen – auch im Personalbereich. Nachdem die Entwicklung von großen monolithischen Systemen hin zu kleindimensionierten HR-Microservices bereits klar erkennbar ist, zieht nun mit der Distributed Cloud auch die dahinterstehende Infrastruktur nach. Mit diesem Architekturansatz gibt es kein zentrales Rechenzentrum mehr, sondern die Rechnerlast wird auf kleine regionale Clouds aufgeteilt. Diese Infrastruktur von vernetzten und verteilten Servern bietet darüber hinaus die ideale Grundlage für ein Konzept, das sich daraus direkt ableitet: Edge-Computing.

Ziel ist es dabei, Server und Applikationen näher an den Ort zu bringen, wo die Daten entstehen, um so deren Verarbeitungszeit spürbar zu verkürzen. Der entscheidende Vorteil der Distributed Cloud und des Edge Computing ist neben der geringeren Latenz und besseren Performance eine höhere Ausfallsicherheit, da die einzelnen Regional-Clouds unabhängig voneinander arbeiten können. Das bedeutet: Sollte ein Cloud-Server ausfallen, zieht dies nicht den Ausfall des gesamten HR-Systems nach sich.

Die Nachfrage nach Distributed Cloud und Edge Computing wird 2022 vor allem auch durch datenintensive Anwendungen etwa im Bereich HR- und People Analytics vorangetrieben.

Dezentrales Arbeiten

Das an Beliebtheit-wachsende Homeoffice ist das beste Beispiel für dezentrale Arbeitsweisen und spielt auch 2022 eine signifikante Rolle.

Dadurch – und wegen möglichen neuen Lockdowns – sollten sich Unternehmen weiterhin damit beschäftigen, eine Vielzahl an Endgeräten zur Verfügung stellen zu können, mit welchen man von außerhalb des Firmengeländes auf das Netzwerk zugreifen kann, um Informationen abzurufen.

Auf der einen Seite sollten sich diese effizient verwalten lassen – wobei hier das Mobile Device Management hilft. Auf der anderen Seite werden hierfür sichere Verbindungen (etwa über VPN) benötigt. Hand in Hand mit dem Homeoffice werden auch Videokonferenzsysteme, Kollaborationstools, hybride Meetings und ähnliches das Jahr 2022 mitgestalten.

Big Data

IT-Experten erwarten, dass Big Data im Hier und Jetzt ankommen werden – genauso wie KI, 5G und die Blockchain. Dieser Trend wird vorwiegend durch zwei Faktoren begünstigt:

  1. Es wären Systeme und Analysetools zu nennen, die kaum bis gar keine Kenntnisse im Programmieren voraussetzen – also No Code oder Low Code.
  2. Die Fog-Ebene zwischen Edge und Cloud wird immer wichtiger.

Vor allem der zweite Faktor ist enorm wichtig, da in dieser Fog-Ebene eine Vorverarbeitung von Daten stattfinden kann. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Big Data nicht (mehr) vollkommen ungefiltert gesammelt, sondern nur die wichtigsten Daten weiterverarbeitet werden. Dadurch erhofft man sich, dass aus den gefilterten Daten ein höherer Nutzen ziehen lässt. In der Fachsprache ist hier von Data Mining die Rede.

Außerdem lassen sich eine mangelhafte Bandbreite sowie entstehende Latenzen durch die höhere Relevanz der Fog-Ebene besser im Griff bekommen.

Process Mining und Data Mining

Auch im Jahr 2022 werden viele Unternehmen sich auf Unregelmäßigkeiten im Ablauf ihrer HR-Prozesse einstellen müssen: Homeoffice-Phasen werden sich erneut mit Perioden abwechseln, in denen die Menschen wieder vermehrt vor Ort im Büro arbeiten. Einarbeitungs- und Onboardingprozesse für neue Mitarbeiter werden entweder remote oder persönlich im Betrieb stattfinden – je nachdem, wie es die pandemische Lage erlaubt. Das gleiche gilt für das Recruiting. Vor diesem Hintergrund wird Process Mining an Bedeutung gewinnen – gemeint ist: Die systematische Analyse und Auswertung von Geschäftsprozessen und damit auch den HR-Abläufen.

Process Mining hat seinen Ursprung im Data Mining, also der Analyse großer Datenbestände mit dem Ziel, neue Querverbindungen, Muster und Trends zu erkennen. Unternehmen können zum Beispiel mithilfe von Data Mining im Personalbereich die Personalisierung ihrer Weiterbildungsangebote für Mitarbeiter erhöhen oder Mitarbeiterpotentialanalysen fahren. Beim Process Mining wird dieses Verfahren auf einen kompletten Prozess – beispielsweise das Recruiting – übertragen. Die darin auftretenden Ereignisse, so genannte Events, werden dabei logisch hinsichtlich ihrer chronologischen Reihenfolge miteinander verknüpft. Auf dieser Basis lässt sich ein Prozess visualisieren und in Echtzeit analysieren. Voraussetzung dafür sind allerdings voll digitalisierte Prozesse. Nur so ist es möglich, die für Process Mining nötige Datenbasis zu schaffen. Durch die Integration von KI wird es darüber hinaus möglich, noch fundiertere und insbesondere intelligentere, weil präskriptive Analysen zu erhalten.

Stichwort Predictive Analytics. Zum Beispiel lässt sich damit aufzeigen, wann der Bedarf nach einem bestimmten Mitarbeiter- oder Kompetenzprofil künftig steigen wird und wie stark.

Ethisch verantwortete KI

Das Potenzial von KI ist nicht nur inzwischen bekannt, sondern es gibt unterdessen auch bereits sehr ausgereifte Systeme, in denen sich die Technologie täglich als praxistauglich unter Beweis stellt. Hier hilft KI, strategische Personalentscheidungen im Betrieb datengestützt zu fällen und wird damit zu einem mächtigen Instrument für Unternehmen, sich im „War for Talents“ gegenüber den Marktbegleitern bestmöglich zu positionieren.

Die aus KI-Systemen abgeleiteten Erkenntnisse sorgen aber auch immer wieder für kritische Rückfragen. Sie drehen sich etwa rund um die Themen Datenschutz und Compliance und kommen aus den Reihen der Stakeholder derer, die diese Technologie anwenden. Vor diesem Hintergrund wird es künftig nicht mehr genügen, KI blindlings im Sinne der eigenen unternehmerischen Ziele zu nutzen. KI wird künftig auch nicht mehr nur unter rein funktionalen Gesichtspunkten, etwa im Blick auf Prozessexzellenz oder Automatisierung von HR-Abläufen gesehen werden. Vielmehr wird diese Technologie zunehmend auch in ein direktes Verhältnis zu den Stakeholdern, denen sie eigentlich dienen soll, gesetzt.

In diesem Zusammenhang geht es dann auch um Fragen der Fairness, der Gerechtigkeit im Wettbewerb und der Transparenz gegenüber Kontrollbehörden.

IT-Sicherheit

Die IT-Sicherheit war 2021 das Top-Thema, da es vergangenes Jahr einen drastischen Anstieg an Cyberangriffen gab. Eine Abkehr von diesem Trend lässt sich für 2022 nicht voraussehen – eher das Gegenteil ist der Fall: Man muss mit einem erneuten Anstieg an Ransomware-Angriffen rechnen.

Der Grund dafür ist, dass die Techniken der Angreifer immer ausgefeilter werden. Für Cyberangreifer hat es sich für vorteilhaft erwiesen, Daten aus Unternehmen erst auf die eigenen Server zu kopieren und diese erst im nächsten Schritt zu verschlüsseln. Dadurch erhöht sich nämlich der Druck auf die Opfer und somit steigt die Wahrscheinlichkeit, Lösegeld zu erhalten.

Ebenso benötigen Angreifer für ihre Attacken immer weniger Zeit. Aber auch Schwachstellen von Unternehmen, die sich im Zuge der Pandemie in Unternehmensnetzwerken offenbart haben, spielen Cyberkriminellen in die Karten. Hier müssen Betriebe dringend nachbessern. Zudem gilt es, in Präventionstechnologien und Früherkennungsmaßnahmen zu investieren.

Datenhygiene

Der Wert von Daten als Basis für verlässliche Unternehmensentscheidungen wird zunehmend erkannt. Mit den exponentiell wachsenden Datenmengen, die Betrieben zur Verfügung stehen, wird aber auch die Frage nach der Datenqualität lauter werden. Im Kern geht es um die Vermeidung von Dirty Data. Eine Herausforderung vieler Unternehmen ist vor diesem Hintergrund die schiere Anzahl der betrieblichen Datenquellen und damit die Fragmentierung von Daten, die oft aus veralteten Systemen, in unterschiedlichen Formaten, Metadaten, Formularen und nicht mehr zeitgemäßen Datenbankformaten vorliegen. Das gilt auch für HR- und Personaldaten. Im Ergebnis führt dies zu geringer Datenqualität. Datenqualitätsmanagement wird deshalb zunehmend in den Fokus unternehmerischen Handelns rücken. Hierbei geht es darum, die Datenqualität von vorneherein sicher zu stellen und zu verhindern, dass Dirty Data überhaupt erst entsteht. Eine Vorrausetzung für diese vorausschauende Form der Datenhygiene ist Data Governance. Immer mehr Unternehmen werden sich deshalb aller Voraussicht nach ein Regelwerk für den Umgang mit Daten im Unternehmen geben.

Janina Zaminer