Homeoffice in Zeiten von Corona – Chancen und Risiken

Seit Corona ist für viele Arbeitnehmer Homeoffice (bittere) Realität. Bis vor einigen Monaten hat diese Form der Arbeit in Österreich eine eher untergeordnete Rolle gespielt, was dazu führte, dass der Großteil der Unternehmen ins kalte Wasser gestoßen wurde. Die Vor- und Nachteile dieser Arbeitsform, wie selbstbestimmteres Arbeiten, Entfall von Pendelzeiten, aber auch fehlende soziale Kontakte zu ArbeitskollegInnen, Entgrenzungsphänomene, liegen klar auf der Hand.

(Lesedauer: 4 Minuten)

Homeoffice – von Null auf Hundert

Technologische Neuheiten und vieles, was unter den Schlagwörtern Digitalisierung und digitaler Wandel subsumiert wird, tragen zum Verschwimmen von vormals klaren Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit bei.

Corona hat die (Arbeits-)Welt im Wimpernschlag verändert – und tut es immer noch. Eine global nicht nur ökonomische, sondern auch gesundheitspolitische Herausforderung trägt dazu bei, dass viele Arbeitnehmer von heute auf morgen – oft ohne Vorerfahrungen mit Homeoffice – ihre Arbeit aus den heimischen vier Wänden heraus verrichten müssen.

Vor Corona gaben lediglich drei Prozent aller Arbeitnehmer an, die Möglichkeit zu haben, von zu Hause aus zu arbeiten.

Der digitale Wandel trägt dazu bei, dass Arbeitnehmer sinnvollerweise von dieser Möglichkeit Gebrauch machen können. Vorteile: Der Entfall von Fahrzeiten, (möglicherweise) ein konzentrierteres Arbeiten, stärkere wahrgenommene Autonomie und die Möglichkeit, den Tag-Nacht-Rhythmus der eigenen inneren Uhr anzupassen – Aspekte, die sich sowohl auf die Jobzufriedenheit als auch die Leistung positiv auswirken können. Allerdings sind auch Nachteile zu erwarten, wie verlängerte Arbeitszeiten, Arbeitsverdichtung, Verschlechterungen der Beziehungen zwischen Kollegen und fehlende Strukturen. Eine besondere Herausforderung stellt auch die Vereinbarung von Erwerbs- und Familienarbeit dar, da durch Formen des Lockdowns auch Aufgaben von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen ins Private fallen.

Verschwimmende Grenzen

Die durch neue Arbeitsmittel gewonnenen Autonomiegewinne gehen häufig auf Kosten der Freizeit, wenn Arbeitnehmer im Konflikt zwischen dem Wunsch nach mehr Handlungsspielräumen und der Gefahr von Selbstausbeutung aufgerieben werden. „Erledige deine Arbeit – egal, wann und wie“, scheint das Motto zu sein.

Mehr als ein Drittel der Österreicher arbeiten auch in der Freizeit für ihr Unternehmen weiter. 38 Prozent der Beschäftigten nutzen ihr Smartphone oder den Laptop, um auch außerhalb der Geschäftszeiten zu arbeiten. Das hat zur Folge, dass es vielen schwerfällt, nach der Arbeit abzuschalten. Laut Arbeitsklima-Index (2018) fällt es 44 Prozent der Arbeitnehmer schwer, nach Dienstschluss von ihrer Tätigkeit abzuschalten.

Bei jenen, die nicht in der Freizeit arbeiten, sind es 21 Prozent, denen es schwer gelingt, nach der Arbeit zur Ruhe zu finden. Im Durchschnitt aller ArbeitnehmerInnen kann etwa ein Viertel nach der Arbeit nicht mental abschalten.

Vertrauen als Basis

Gerade jetzt, wo etwa ein Drittel aller österreichischen Arbeitnehmer im Homeoffice tätig sind, ist es essenziell, dass eine funktionierende Vertrauensbasis zwischen Führungskraft und Beschäftigten besteht. Kontrollversuche sind nicht nur kontraproduktiv, sondern lenken auch von den eigentlichen Arbeitspaketen ab und stören die Konzentration.

Tipps für gelingendes Homeoffice

  • Strukturieren Sie den Arbeitstag im Homeoffice so gut es möglich ist und lassen Sie sich nicht zu sehr ablenken.
  • Nehmen Sie sich konkrete Arbeitspakete vor: Wie Sie das umsetzen, müssen Sie selbst entscheiden. Hilfreich ist das Erstellen von To-Do-Listen am Vortag oder der Vorwoche. Nehmen Sie sich jedoch nicht zu viel vor, da es im Homeoffice auch mal zu technischen Problemen kommen kann oder die Internetverbindung nicht die schnellste und stabilste ist, oft nicht wie die, die Sie aus dem Büro kennen.
  • Arbeitszeiten definieren: Versuchen Sie für sich selbst konkrete Arbeitszeiten festzulegen. Sollten diese von den regulären Arbeitszeiten abweichen, ist es wichtig, diese für die Kollegen transparent zu machen. Kommunikation ist hier der Schlüssel!
  • Die Familie: Falls Sie nicht allein leben, mehrere Personen im Homeoffice arbeiten und Sie womöglich auch Kinder zu betreuen bzw. zu unterrichten haben, dann versuchen Sie für die gesamte Familie ein Reglement zu vereinbaren, damit für einige Stunden möglichst ohne Unterbrechungen gearbeitet werden kann.
  • Firmeninterne Kontakte halten: Versuchen Sie mit Ihren Kollegen und der Führungsebene in Kontakt zu bleiben – es ist wahrscheinlich ohnehin erforderlich, Abstimmungen digital oder telefonisch vorzunehmen – wichtig ist soziale Kontakte via neue Technologien zu pflegen – Ihre KollegInnen freuen sich bestimmt, wenn Sie von Ihnen hören.
  • Pausen nicht vergessen: Wenn auf die übliche Mittagspause, eine Zigarette oder den Gang zum Kaffeeautomaten verzichtet wird, kann es schnell passieren, dass man durcharbeitet. Behalten Sie also auch Ihre Pausen bei.
  • Bildschirmpausen: Lange Arbeitsblöcke beeinträchtigen die Arbeitsqualität und Produktivität. Nach 50 Minuten Bildschirmarbeit sollten Sie zehn Minuten Pause bzw. einen Tätigkeitswechsel machen.

Fazit

Homeoffice ist eine geeignete Arbeitsform und für viele eine Selbstverständlichkeit, um in Nuancen Normalität aufrechtzuerhalten. In vielen Unternehmen und Organisationen arbeiten schon mehr als die Hälfte der Beschäftigten von zu Hause aus.

Inhaltlich und technisch funktioniert das Arbeit aus den heimischen vier Wänden viel besser als manche jemals für möglich gehalten hätten. Jetzt gilt es, für die Zukunft zu lernen, um nach dieser Phase ideal diese Mitnahmeeffekte, wie digitale Meetings, Führung über Distanz etc. nutzen zu können. Home-Office von null auf hundert, um dann wie bei einer Achterbahn von hundert auf null runterzufahren, darf es nicht geben.

Janina Zaminer